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Das neue Fahrrad

ENDLICH ist es da, mein neues Rad. Zuletzt dachte ich schon, ich habe mich getäuscht und habe es gar nicht bestellt. Zum Glück kam dann Ende September doch der erlösende Anruf des Fahrradhändlers.

2020 war und ist wohl das Jahr des Fahrrads. Die Hersteller kamen mit dem Produzieren und Liefern gar nicht mehr hinterher. Ich kenne Leute, die noch heute auf ihr Fahrrad warten, das sie im Frühjhr bestellt haben. Ich jetzt nicht mehr. Puh.

Vier lange Monate des Wartens habe ich noch mit der von mir gewählten Farbe gehadert. Ich hatte mich im Mai übermütig und in frühsommerlicher Laune für melonengelb (!) entschieden. Schwarz, grau und weiß kann ja jeder, so dachte ich. Zwischendurch malte ich mir das Leben mit einem gelben Rad dann aber doch etwas sehr anstrengend aus. Ob ich das „Forsche“ dieser Farbe täglich aushalten und ausfüllen kann? Manchmal möchte man doch auch gerne mausgrau und quasi unsichtbar durch die Stadt huschen. Mein Rad dagegen schreit – so empfinde ich es jedenfalls – förmlich ständig alle an: „Seht her! Hallo! Hier ist ein gelbes Rad! Wie findet Ihr diese Farbe? Cool oder doch zu viel des Guten? …“ Meine Bedenken sind aber mittlerweile alle verflogen. Ich mag mein Rad sehr, freue mich (noch) auf jede Fahrt und wenn mich jemand, wie letztens eine Freundin, mit ausdruckslosem Gesicht frägt: „Und warum eigentlich gelb?“, sehe ich darüber souverän hinweg.

Aber genug der Äußerlichkeiten. Wie alle anderen bemühe ich mich schon länger, weniger Auto zu fahren und auch meinen 9 km langen Arbeitsweg mit dem Rad zurückzulegen. Es fühlt sich gut an: man bewegt sich, ist an der frischen Luft, spart sich Stau, die nervige Parkplatzsuche und schont die Umwelt.

Noch bin ich eine fast militante Anhängerin des Fahrrads ohne Elektromotor. Aus zwei Gründen: Erstens kann ich mich getrost noch ein bisschen anstrengen, Sport gehört ansonsten sowieso nicht zu meinen Hobbies. Zweitens sind Akkus in der Herstellung und der Entsorgung umwelttechnisch immer noch ein Desaster, wenn ich das richtig verstehe. Vor allem in der Masse, in der sie derzeit nachgefragt und in Gebrauch sind.

Ich habe mir bewusst ein robustes Reiserad zugelegt, kein modernes Designerrad (obwohl ich solche schon manchmal neidisch beäuge, zugegeben). Alle Komponenten meines Rads sind einfach nur haltbar und solide. Die Gangschaltung von Rohloff ist eine Legende und das Herz des Ganzen. Sie wird wahrscheinlich auch mich überleben. Ein gravierender Unterschied zu meinem vorherigen Rad ist vor allem auch die Sitzposition. Dazu wurde ich ausgiebig beraten. Erst jetzt merke ich, wie unergonomisch ich auf meinem alten Rad, einer Art Hollandrad, saß. Sicher auch ein Grund, warum ich meine, das neue Rad fährt sich viel leichter.

Mal sehen, ob meine Begeisterung auch das trübe nasse Winterwetter übersteht und ich weiterhin heldenhaft mit unvorteilhafter Regenhose tapfer ins Büro strample.